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Lachen auf Trauerfeiern: Ja oder nein?

Lachen auf Trauerfeiern - Freie Rednerin Anke Hempfling sagt ja!

Lachverbot auf Trauerfeiern! Ernste Gesichter, die Taschentücher liegen griffbereit, die Stimmung ist angespannt: Lachen auf Trauerfeiern – Passt das wirklich in einer solchen Situation?

Eine Busfahrt voller Lachen und Erinnerungen

Wir saßen gerade im Bus zur Expo in Hannover. Damals, im Jahr 2000. Meine Mama, mein Bruder, meine Oma und ich. Als ich meinen Kopfhörer für einen Moment aus meinem Ohr stöpselte, hörte ich beherztes Schnarchen hinter mir. Ich drehte mich um und sah meine Mutter, die schelmisch grinste und dabei auf meine Oma zeigte, die mit offenem Mund und zur Seite gekippt, ein Nickerchen hielt. Sie sah aus wie ein Baby, nur mit grauen Haaren und etwas mehr Falten.

Plötzlich ruckelte der ganze Bus. Fahrer Siggi hatte ein Schlagloch übersehen. Ups! Meine Oma schreckte hoch, schaute aus dem Fenster und schrie das Erste, was sie sah – den Namen des Orts, der gerade auf dem gelben Schild an ihr vorbeizog – mit lautestem Entsetzen hinaus:


„VLOTHO???“
Alle Fahrgäste lauschten mucksmäuschenstill:
„VLOOOOOOOOOTHOOOOOOOOO??? JA, SIGGI, WAS MACHEN WIR DENN JETZT IN VLOOOOOOOHOOOOOTHOOOOOOHOO?!?!?!“
Kurzes, bedröppeltes Schweigen. Dann bahnbrechendes Gelächter von allen Seiten.

Wenn der Tod kommt, bleiben die Geschichten

Im Jahr 2014 schlief meine Oma für immer ein. Mehr als 10 Jahre ist sie nun schon nicht mehr hier. Aber die Erinnerungen sind geblieben. Weil wir ihre Geschichten immer wieder erzählen. Und auch, wenn alle die Expo-Bus-Geschichte längst auswendig kennen, müssen wir jedes Mal wieder lachen.

Ein Lachen auf der Trauerfeier? Warum nicht!

Ich hätte die Geschichte gerne auf ihrer Trauerfeier gehört. Sicher hätten auch da alle lachen müssen. Und wisst Ihr was? Das wäre gar nicht schlimm gewesen. Im Gegenteil. Denn zu jedem Tod gehört immer ein Leben. Und ja, es ist verdammt traurig, dass dieses Leben enden musste. Aber die Trauer muss deshalb nicht Herrin unserer Erinnerungen werden. Die Entscheidung, dass ein geliebter Mensch uns verlassen musste, lag nicht in unserer Hand. Aber die Entscheidung, wie wir damit umgehen, schon.

Als Trauerrednerin ist es mir deshalb wichtig, die Angehörigen während meiner Rede mindestens einmal wenigstens zum Schmunzeln zu bringen. Denn so kann Gedenken eben auch aussehen. Trauer muss nicht heißen: Schwarz und Grau und Tränen. Zumindest nicht immer und vor allem nicht nur.

Ein Lächeln braucht Raum – auch in der Trauer

Mir ist natürlich klar, dass das nicht von heute auf Morgen geht. Trauer kann überwältigend sein. So überwältigend, dass wir erst einmal nur sie sehen. Wo soll da noch Platz für ein Lachen sein, wenn man eigentlich nur weinen möchte? Diesen Platz zu schaffen und behutsam die Lücken – und mögen sie auch noch so klein sein – zu finden, wo ein Lächeln hineinpasst, sehe ich als meine Aufgabe als Trauerrednerin an.

Und diese Aufgabe beginnt oft schon viel früher, noch vor der eigentlichen Trauerfeier. Sie beginnt schon während des Gesprächs mit den Angehörigen in Vorbereitung auf den Abschied. Nicht selten kommt es vor, dass zu Beginn Menschen vor mir sitzen, die kaum etwas sagen, weil ihnen die Worte fehlen, um zu beschreiben, was da eigentlich gerade mit ihnen passiert. Menschen, die richtig große Angst haben, vor diesem Tag der Trauerfeier, weil dieser Tag alles so real und so endgültig macht. Menschen, die sich schämen, vor mir – einer völlig Fremden, die da gerade in ihrem Wohnzimmer sitzt – zu weinen.

Wenn Geschichten wieder lebendig werden

Und dann? – Und dann beginnen wir zu reden. Wir sprechen miteinander. Wir nähern uns einander an. Nicht Schlag auf Schlag, sondern Schritt für Schritt. Das ist es eben auch, was man als Trauerrednerin und Trauerredner meiner Meinung nach können muss: Nicht nur VOR den Menschen sprechen, sondern auch MIT ihnen. Ja, dazu gehören auch Tränen. Übrigens dann und wann auch mal meine eigenen, wenn das Mitgefühl mich überwältigt.


Aber irgendwann passiert es. Dann kommt dem Wittwer diese eine Geschichte in den Sinn: Wenn er sich beim Aufstehen vom Sofa jedes Mal aufs Neue den Kopf an ein und derselben Wohnzimmerlampe gestoßen hat und seine Frau dabei jedes Mal herzhaft lachen musste. Wenn der Tochter wieder einfällt, dass der Papa diese eine Zeile von seinem Lieblingslied immer falsch gesungen hat und sie dann beide lachen mussten. Wenn sich die Enkelin an die Geschichte ihrer Oma von der Busfahrt zur Expo erinnert.
Wenn wir diese Geschichten erzählt bekommen, dann lachen auch wir. Weil wir uns für diesen kurzen Moment an das Lachen erinnern. An das Lachen der verstorbenen Person, aber auch an unser eigenes. Und wir merken: Ja, es ist noch da.

Mit einem Lächeln ins Auto – und in die Rede

Wenn ich mich dann nach dem Angehörigengespräch verabschiede, dann spüre ich, dass sich etwas verändert hat. Dass der Wittwer, dass die Tochter, dass die Enkelin plötzlich gelöster wirken. Und wenn auch nur ein ganz ganz kleines bisschen.
Mit einem Lächeln steige ich in mein Auto und überlege mir auf der Heimfahrt schon, wie ich diese Geschichte, die uns alle gerade zum Lachen gebracht hat, wohl am besten in meine Rede einbaue.

Fazit: Ja, wir dürfen auf Trauerfeiern lachen!

Was meint Ihr: Darf man auf Trauerfeiern lachen? Von mir gibt’s dazu ein ganz klares JA.

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